Demografischer Wandel (2024)

Table of Contents
Alt und Jung in Deutschland – der demografische Wandel und die Folgen Großstadtregionen im Wandel Die Mehrheit der Bevölkerung lebte 2022 in Großstadtregionen Bevölkerungszuwachs in den Großstadtregionen verlangsamt sich Zentren wachsen durch Zuwanderung aus dem Ausland Ohne Außenwanderung würden die Großstadtzentren bereits seit 2014 schrumpfen Umland der Großstadtregionen profitierte 2022 von Abwanderung aus den Zentren Innerhalb Deutschlands ziehen junge Erwachsene häufiger in die Zentren der Großstadtregionen Wanderungsverhalten wirkt sich aus auf die Altersstruktur in den Großstadtregionen Methodische Hinweise Geburtenverhalten im Wandel Trend zu späterer Geburt setzt sich fort Endgültige Kinderzahl je Frau: Ende der Talfahrt Lebenserwartung und Sterblichkeit Wie wird die Lebenserwartung berechnet? Was bedeutet die statistische Lebens­erwartung für den einzelnen? Bevölkerung im Erwerbsalter sowie Seniorinnen und Senioren Entwicklung seit 1950 Regionale Unterschiede Methodische Hinweise Migration in Zeiten des demografischen Wandels Wanderungsbewegungen in Ost- und Westdeutschland Ostdeutschland: Positiver Binnenwanderungssaldo seit 2017 Einwohnerzahl West­deutschlands steigt durch Wanderungen Einfluss demografischer Prozesse auf die Bevölkerungsstruktur Auf und Ab bei Geburten­zahlen verursacht demografische Wellen Einfluss von Nettozuwanderung und Sterblichkeit Zukünftige Bevölkerungsentwicklung Bevölkerungsentwicklung in Ost- und Westdeutschland zwischen 1990 und 2022: Angleichung oder Verfestigung der Unterschiede? Steigende Bevölkerungszahl im Westen und Bevölkerungsrückgang im Osten Deutschlands Nach Westdeutschland wandern mehr Menschen aus dem Ausland zu als nach Ostdeutschland Die anfangs starke Abwanderung von Ost nach West kehrte sich um Im Westen und im Osten ist die Zahl der Sterbefälle höher als die Zahl der Geborenen Alterung schreitet im Osten schneller voran Anteil der ausländischen Bevölkerung ist im Osten deutlich niedriger als im Westen Berlin liegt zwar im Osten Deutschlands, weist aber eine besondere Bevölkerungsstruktur und -entwicklung auf Trotz Annäherung im Geburtenverhalten sind im Osten öfter und jüngere Mütter anzutreffen als im Westen Die Lebenserwartung der Ostdeutschen hat sich schnell an das westdeutsche Niveau angenähert Zahl der Eheschließungen sank seit 1990 im Westen wie im Osten Deutschlands deutlich Ehescheidungen: Im Westen wie im Osten haben etwa die Hälfte der geschiedenen Paare minderjährige Kinder Methodische Hinweise Hintergründe und Auswirkungen Familien Weitere Publikationen zum Thema Verzeichnis aller Veröffentlichungen References

Alt und Jung in Deutschland – der demografische Wandel und die Folgen

Demografischer Wandel (1)

2022 soll das EU-Jahr der Jugend werden – dazu hat es die Europäische Union ausgerufen. Gleichzeitig werden Gesellschaften wie die unsere in Deutschland immer älter. Wie entwickelt sich die Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten? Wie wirkt sich der demografische Wandel aus? Und wie gehen junge Menschen damit um? Darüber sprechen wir in unserem Podcast StatGespräch mit unserer Bevölkerungsexpertin Bettina Sommer und mit Katharina Swinka, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz.

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Großstadtregionen im Wandel

Die Mehrheit der Bevölkerung lebte 2022 in Großstadtregionen

Großstädte und ihr Umland stellen in Deutschland einen zentralen Lebensraum und ein beliebtes Ziel von pendelnden Beschäftigten und ihren Angehörigen dar. Im Jahr2022 lebte mit 60Millionen Personen die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands (71%) in Großstädten und deren Umland. Das Betrachten von Großstadtregionen bietet einen Blick auf die Entwicklung von Großstädten zusammen mit ihrem Umland. Zusammenhänge und Wechselwirkungen sind so sichtbar.

Nach der Definition des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) sind Zentren von Großstadtregionen Großstädte mit mehr als 100000Einwohnerinnen und Einwohnern, in die mehr Berufstätige ein- als auspendeln. Ihr Umland wird je nach Anzahl der Pendlerinnen und Pendler in ein Ergänzungsgebiet zum Zentrum sowie einen engeren und einen weiteren Verflechtungsbereich unterteilt. Dabei stellt das Ergänzungsgebiet zudem selbst ein wichtiges Pendelziel dar.

Demografischer Wandel (2)

Im Jahr2022 gab es insgesamt 50 Großstadtregionen in Deutschland. Davon hatten 16 Großstadtregionen mehr als eineMillion Einwohnerinnen und Einwohner. In 19 Großstadtregionen lebten weniger als 500000Personen. Die größte Großstadtregion war der Großraum Berlin/Potsdam mit 5,3Millionen Personen. Die kleinste Großstadtregion war Salzgitter in Niedersachsen mit 156000Einwohnerinnen und Einwohnern.

Nur 40% aller Einwohnerinnen und Einwohner der Großstadt­regionen lebten 2022 direkt in den Zentren. Dagegen lebten 60% im Umland: davon 29% im Ergänzungs­gebiet zum Zentrum, 41% im engeren und 31% im weiteren Verflechtungs­bereich.

Bevölkerungszuwachs in den Großstadtregionen verlangsamt sich

Die Bevölkerungszahl ist in den Großstadtregionen in den letzten Jahren überproportional angestiegen. Im Jahr 2022 lebten 3,3Millionen Menschen mehr in diesen Regionen als noch 2012 (+5,8%). Im restlichen Deutschland wuchs die Bevölkerung im gleichen Zeitraum nur um2,2% an. Am stärksten ist die Bevölkerung dabei in den Zentren gestiegen (+7,4%), gefolgt von den engeren Verflechtungsbereichen und den Ergänzungsgebieten (+5,4%). Die weiteren Verflechtungsbereiche sind mit +3,6% weniger stark gewachsen.

Diese Entwicklung verlief allerdings nicht kontinuierlich: Das Wachstum der Großstadtregionen hat sich im Betrachtungszeitraum bis 2019 verlangsamt und ist in den Jahren 2020 (+0,0%) und 2021 (+0,1%) nahezu stagniert. Insbesondere die Zentren hatten im durch Corona besonders geprägten Jahr 2020 einen Bevölkerungsrückgang (-0,2%) zu verzeichnen. Die Bevölkerung in den Ergänzungsgebieten blieb stabil (-0,0%), während sie im restlichen Umland weiterhin leicht zunahm (+0,2%). Im Jahr 2022 stieg die Bevölkerung in ganz Deutschland erneut stark an (+1,3 %) aufgrund der Fluchtmigration aus der Ukraine. Den größten Zuwachs verzeichneten dabei die Zentren der Großstädte (+1,6 %).

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Zentren wachsen durch Zuwanderung aus dem Ausland

Das Zusammenspiel der verschiedenen Bevölkerungsbewegungen – Geburten, Sterbefälle, Zuzüge und Fortzüge – bestimmt die Bevölkerungsentwicklung der Großstadtregionen. Insbesondere in den Zentren resultierte das Bevölkerungswachstum seit 2012 aus dem hohen Außenwanderungssaldo - es gab in diesem Zeitraum deutlich mehr Zuzüge aus dem Ausland als Fortzüge. Die Zentren verzeichneten zudem etwas mehr Geburten als Sterbefälle und somit einen kleinen Geburtenüberschuss. Dafür war in den Zentren der Binnenwanderungssaldo negativ, das heißt innerhalb von Deutschland zogen deutlich mehr Menschen aus den Zentren hinaus als hinein.

Auch das Umland der Großstädte profitierte von der Außenwanderung, wenn auch in geringerem Ausmaß als die Zentren. Im Gegensatz zu den Zentren profitierte es darüber hinaus von der Binnenwanderung, hatte dafür aber ein deutliches Geburtendefizit zu verzeichnen.

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Ohne Außenwanderung würden die Großstadtzentren bereits seit 2014 schrumpfen

Noch in den Jahren 2012 und 2013 sind insgesamt mehr Menschen innerhalb Deutschlands in die Zentren der Großstadtregionen gezogen als aus den Zentren fortgezogen. Seit 2014 haben die Zentren dann durchgängig Bevölkerung durch die Binnenwanderung verloren. Ohne die Zuwanderung aus dem Ausland würde die Bevölkerung in den Zentren daher auch seit 2014 durchgängig schrumpfen. Insbesondere im Jahr 2022 erlebten die Großstadtzentren trotz Abwanderung in das Inland insgesamt deutliche Wanderungsgewinne aufgrund der durch den russischen Angriff auf die Ukraine deutlich erhöhten Zuwanderung aus dem Ausland.

Dabei war der Binnenwanderungsverlust in den drei Jahren 2020, 2021 und 2022 deutlich größer als noch in den Vorjahren: Im Jahr 2022 erreichte der Abwanderungsverlust innerhalb Deutschlands mit 143 000 Personen einen neuen Höchststand und war damit mehr als doppelt so hoch wie noch im Jahr 2019 (-68 000 Personen). Anders als die Zentren hatte das Umland im gesamten Zeitraum Wanderungsgewinne aus der innerdeutschen Wanderung zu verzeichnen.

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Umland der Großstadtregionen profitierte 2022 von Abwanderung aus den Zentren

Beliebtes Ziel bei Personen, die aus den Zentren abwanderten, war 2022 das Umland derselben Großstadtregion: Insgesamt verloren die Zentren im Saldo rund 112000Personen an andere Gemeinden innerhalb derselben Großstadtregion und 31000Personen an andere Regionen innerhalb Deutschlands. Von der Abwanderung ins Umland profitierte der engere Verflechtungsbereich im Saldo mit 54000Personen am meisten, gefolgt vom Ergänzungsbereich (39000 Personen) und dem weiteren Verflechtungsbereich (18000 Personen).

Die Wanderungsgewinne des Umlands bei Umzügen innerhalb Deutschlands basierten im Wesentlichen auf dem Zuzug aus den dazugehörigen Zentren: Gegenüber dem restlichen Deutschland verlor das Umland von Großstadtregionen im Jahr 2022 an Bevölkerung durch Abwanderung (Saldo -8 000 Personen).

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Innerhalb Deutschlands ziehen junge Erwachsene häufiger in die Zentren der Großstadtregionen

Das Wanderungsverhalten innerhalb Deutschlands unterscheidet sich nach Altersgruppen. Insbesondere die Wanderungen von jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren trugen im Jahr 2022 positiv zum Wachstum der Zentren der Großstadtregionen bei: In dieser Altersgruppe gewannen die Zentren aufgrund der Binnen­wanderung rund 72000 Menschen hinzu. Demgegen­über war eine deutliche Abwanderung der 30- bis 49-Jährigen aus den Zentren in andere Regionen Deutschlands festzu­stellen(Saldo -118000 Personen).

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Entgegengesetzt verliert die Bevölkerung im Umland durch die Binnenwanderung Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (Saldo -41 000 Personen) und gewinnt 30- bis 49-Jährige (Saldo +83 000 Personen) und unter 18-Jährige (Saldo +45 000 Personen) hinzu. Diese Altersverteilung lässt auf Abwanderung von Azubis und Studierenden sowie Zuwanderung von Familien mit Kindern schließen.

Wanderungsverhalten wirkt sich aus auf die Altersstruktur in den Großstadtregionen

Die altersbedingt unterschiedliche Mobilität verändert die Altersstruktur der Großstadtregionen und vergrößert die Schere zwischen den Zentren und dem Umland. Bereits 2012 lag das Durchschnittsalter der Bevölkerung in den Zentren unter dem Durchschnittsalter des Umlands. Im Jahr 2022 ist das Durchschnittsalter in den Zentren leicht gesunken (-0,3Jahre) und lag bei 42,6Jahren. Im Ergänzungsgebiet stieg es dagegen (+0,3Jahre) auf 44,6Jahre an. Im restlichen Umland stieg das Durchschnittsalter sogar um annähernd 1Jahr an: auf 45,0Jahre im engeren und 45,5Jahre im weiteren Verflechtungsbereich.

Methodische Hinweise

Bei den Großstadtregionen handelt es sich um ein räumliches Abgrenzungskonzept des BBSR, welches sich an den Verflechtungen zwischen den Zentren und ihrem Umland orientiert. Maßgeblich sind hierbei die Pendelbewegungen der sozialversicherungspflichtig versicherten Beschäftigten zwischen Wohn- und Arbeitsort. Es werden folgende Kategorien unterschieden.

  • Das Zentrum einer Großstadtregion stellt immer eine Großstadt mit mindestens 100000Einwohnerinnen und Einwohnern dar. Es verfügt über einen Einpendlerüberschuss, wobei der Hauptstrom der Pendlerinnen und Pendler nicht aus einem benachbarten Zentrum kommen darf.
  • Das Ergänzungsgebiet umfasst unmittelbar angrenzende Gemeinden, die eng mit dem Zentrum verflochten sind und meist selbst ein wichtiges Pendelziel darstellen. Sie haben eine hohe Tagesbevölkerungsdichte, einen Einpendlerüberschuss und/oder 50% der auspendelnden Personen pendeln in das Zentrum.
  • Aus dem engeren Pendlerverflechtungsbereich pendeln mindestens 50% der auspendelnden Personen in das Zentrum/Ergänzungsgebiet ein.
  • Aus dem weiteren Pendlerverflechtungsbereich pendeln 25 bis 50% der auspendelnden Personen in ein Zentrum/Ergänzungsgebiet ein.

Detaillierte Informationen zu den Großstadtregionen finden Sie auf der Internetseite des BBSR.

Die Wanderungsstatistik enthält Zu- und Fortzüge von Personen, die nach den melderechtlichen Regelungen bei den zuständigen Meldebehörden an- beziehungsweise abgemeldet wurden. Die Statistik umfasst Wanderungsbewegungen über die Grenzen Deutschlands (Außenwanderung) sowie Wanderungsbewegungen über die Gemeindegrenzen hinweg innerhalb Deutschlands (Binnenwanderung). Die Informationen zur Bevölkerungsfortschreibung zeigen wie die Bevölkerungszahlen ermittelt werden.

Die Ergebnisse der Wanderungsstatistik und als Folge die Entwicklung des Bevölkerungsstandes ab Berichtsjahr 2016 sind aufgrund methodischer Änderungen, technischer Weiterentwicklungen der Datenlieferungen aus dem Meldewesen an die Statistik sowie der Umstellung auf ein neues statistisches Aufbereitungsverfahren nur bedingt mit den Vorjahreswerten vergleichbar. Weitere Informationen finden Sie in den methodischen Erläuterungen.

Geburtenverhalten im Wandel

Die Entwicklung der Geburtenzahl hängt – neben der Anzahl der potenziellen Mütter – mit dem Geburtenverhalten der Frauen zusammen. Wie viele Frauen eines Geburtsjahrgangs werden überhaupt Mutter, wann gründen Frauen eine Familie, wie viele Kinder bringen sie im Laufe ihres Lebens zur Welt? Antworten auf diese Fragen zeigen, wie sich das Geburtenverhalten der Frauen verändert. Die Angaben dazu liefern die Statistik der Geburten und der Mikrozensus.

Demografischer Wandel (4)

Trend zu späterer Geburt setzt sich fort

Frauen bekommen ihre Kinder in einem immer höheren Alter. Im Jahr 2020 waren die Mütter der Erstgeborenen im Durchschnitt 30 Jahre alt. Im Jahr 1970 war dagegen eine Frau beim ersten Kind im früheren Bundesgebiet etwa 24 Jahre alt und in der ehemaligen DDR sogar erst 22 Jahre alt.

Endgültige Kinderzahl je Frau: Ende der Talfahrt

Die in den 1930er Jahren geborenen Frauen – zum Großteil die Mütter der Babyboom-Generation – haben durchschnittlich mehr als zwei Kinder geboren. Ihre Familien­gründungs­phase fiel in die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs der 1950er und 1960er Jahre. Bereits bei den ab Mitte der 1930er Jahre geborenen Frauen zeichnete sich jedoch ein Rückgang der endgültigen Kinderzahl je Frau ab. Besonders schnell sank diese zwischen den Geburtsjahrgängen 1934 und 1944, als immer weniger Frauen sich für ein viertes oder weiteres Kind entschieden haben. Anschließend hat sich die Kinderzahl je Mutter bei zwei Kindern stabilisiert, zugleich stieg aber der Anteil der Frauen, die gar kein Kind zeitlebens geboren haben.

Zwischen den Jahrgängen 1937 und 1966 hat sich die sogenannte endgültige Kinderlosenquote (Anteil der Kinderlosen an allen Frauen eines Jahrgangs) von 11 % auf 21 % nahezu verdoppelt. In den folgenden Jahrgängen hat sie sich stabilisiert und variierte bis zum Jahrgang 1969 leicht zwischen 20 % und 21 %.

Die zunehmende Kinderlosigkeit der Frauen führte zu einem kontinuierlichen Rückgang der endgültigen Kinderzahl je Frau, die bei den Frauen des Jahrgangs 1968 ihren historischen Tiefststand mit 1,49 Kindern je Frau erreicht hat.

Die in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre geborenen Frauen haben bereits bis zum Jahr 2018 – im Alter zwischen 39 und 48 Jahren – durchschnittlich mehr Kinder geboren als Frauen des Jahrgangs 1968. Hierfür sind im Wesentlichen zwei Faktoren ausschlaggebend: Zum einen nahm die Geburten­häufigkeit der Frauen im Alter ab 30 Jahre deutlich zu. Unter insgesamt günstigen wirtschaftlichen und familien­politischen Rahmenbedingungen haben sie die bis dahin noch nicht erfühlten Kinder­wünsche realisiert. Zum anderen hat sich die Fertilität dieser Jahrgänge im jüngeren gebärfähigen Alter bis 29 Jahren stabilisiert. Eine entscheidende Rolle spielten dabei die Zuwanderinnen, die bei der Geburt ihrer Kinder tendenziell jünger waren als die deutschen Frauen. Da ihr Anteil an allen Frauen bei den 1970er-Jahrgängen gestiegen ist, hat dies die Gesamt­fertilität positiv beeinflusst.

Demografischer Wandel (5)

Weiterführende Informationen:

  • Themenbereich Geburten
  • Pressemitteilung: Jede fünfte Frau zwischen 45 und 49 Jahren war 2018 kinderlos
  • Pressemitteilung: Gestiegene Geburtenhäufigkeit bei älteren Müttern
  • Tabellenband: Kinderlosigkeit, Geburten und Familien - Ergebnisse des Mikrozensus 2018 (Ausgabe 2019)
  • Aktueller Geburtenanstieg und seine Potenziale (WISTA 3/2018)

Lebenserwartung und Sterblichkeit

Demografischer Wandel (6)

Die Lebens­erwartung bei Geburt ist im Zusammen­hang mit dem demo­grafischen Wandel der zentrale Indikator, um den langfristigen Trend hin zu einem immer längeren Leben auszu­drücken. Dieser lang­fristige Trend war bereits seit Beginn der statistischen Auf­zeichnungen zum Ende des 19. Jahrhunderts zu beobachten. Seitdem hat sich die Lebens­erwartung bei Geburt mehr als ver­doppelt. Maß­gebliche Gründe hierfür sind Fortschritte in der medi­zinischen Versorgung, Hygiene, Ernährung und Wohn­situation, verbesserte Arbeits­bedingungen und gestiegener Wohl­stand.

Nach den Ergebnissen der Sterbetafel 2020/2022 beträgt die Lebens­erwartung neu­geborener Jungen 78,3 und die der Mädchen 83,2 Jahre. Auch die fernere Lebens­erwartung in höheren Alters­jahren ist im langfristigen Vergleich stark gestiegen. So hatten beispielsweise 65-jährige Männer 1871/1881 im Durch­schnitt noch 9,6 Jahre zu leben. 2020/2022 waren es bereits 17,6 Jahre. Bei den Frauen ist diese Ent­wicklung noch stärker ausgeprägt: Lag der Wert für den Zeitraum 1871/1881 bei 10 Jahren, so konnten 65-jährige Frauen 2020/2022 noch durch­schnittlich 20,9 weiteren Lebens­jahren entgegen­sehen.

Zuletzt hat sich der Anstieg der Lebenserwartung jedoch verlangsamt - im Zuge der Corona­pandemie kam es zu einem leichten Rückgang.

In Zukunft wird jedoch mit einem weiteren Anstieg der Lebenserwartung gerechnet. In der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wurden dazu drei Annahmen getroffen. Der Anstieg der Lebenserwartung bei Geburt bis 2070 fällt darin unterschiedlich stark aus. Für Männer wurde eine Spanne von +4 bis +8 Jahren angenommen, für Frauen von +3 bis +7 Jahren.

Diese Annahmen gehen davon aus, dass verbesserte Lebensumstände, rückläufige Raucherquoten und Alkoholkonsum sowie weitere Verbesserungen in der medizinischen Versorgung auch künftig den weiteren Anstieg der Lebenserwartung positiv beeinflussen werden.

Zukünftig werden verstärkt die verbesserten Überlebenschancen im höheren Alter die Zunahme der Lebenserwartung beeinflussen. Im jüngeren Alter ist das Sterberisiko bereits heute sehr gering.

Wie wird die Lebenserwartung berechnet?

Die Werte für die Lebens­erwartung (z.B. bei Geburt) ergeben sich aus den sogenannten Sterbe­tafeln. Diese können entweder für spezifische Zeit­räume (Perioden­sterbeta­feln) oder für Geburts­jahrgänge (Kohorten­sterbe­tafeln) aufgestellt werden. In der öffentlichen Wahrnehmung stehen die Ergebnisse aus Perioden­sterbe­tafeln meist im Mittelpunkt. Sie eignen sich sehr gut, um die Veränderung der Sterblichkeit über die Zeit oder im regionalen und internationalen Vergleich zu beurteilen. Endgültige Ergebnisse für die tatsächliche Lebens­erwartung einzelner Geburts­jahrgänge aus Kohorten­sterbe­tafeln liegen hingegen erst dann vor, wenn alle Angehörigen des ent­sprechenden Geburts­jahrgangs bereits verstorben sind.

Was bedeutet die statistische Lebens­erwartung für den einzelnen?

Der Begriff „Lebens­erwartung“ suggeriert, dass mithilfe der Ergeb­nisse die zu erwartende Zeit­spanne von einem bestimmten Alter bis zum Tod angegeben werden kann. Dies ist jedoch zumeist nicht der Fall. Richtig ist hingegen, dass sich mit der Lebens­erwartung Aussagen darüber treffen lassen, wie alt eine Person durch­schnittlich werden würde, wenn sich an den Verhältnissen des aktuellen Zeitraums nichts mehr ändern würde (Perioden­sterbe­tafeln) oder wenn sich die aktuellen Veränderungs­trends sehr lange in die Zukunft fortsetzen würden (Kohorten­sterbe­tafeln für noch lebende Geburts­jahrgänge). Hinzu kommt, dass Sterbe­tafeln lediglich Durch­schnitts­werte für die Lebens­erwartung angeben können, von denen die individuellen Überlebens­perspek­tiven je nach Lebens­verhältnissen, Lebens­führung, Beruf, gesundheit­licher Verfassung und weiteren Faktoren ganz erheb­lich abweichen können.

Weiterführende Informationen:
  • Sterbefälle, Lebenserwartung
  • Aktuelle Ergebnisse im "Statistischen Bericht - Sterbetafeln" für Deutschland und die Bundesländer
  • Methoden- und Ergebnisbericht "Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland"
  • Kohortensterbetafeln der Geburtsjahrgänge 1920 bis 2020 für Deutschland
  • Methoden- und Ergebnisbericht Kohortensterbetafeln
  • Sterbetafelergebnisse bei GENESIS-Online

Bevölkerung im Erwerbsalter sowie Seniorinnen und Senioren

Auf 100 Personen im Alter von 20 bis unter 65 Jahren entfielen 2022 in Deutschland etwa 37 Personen im Alter ab 65 Jahren. Dieser sogenannte Altenquotient zeigt, für wie viele potenzielle Renten­bezieherinnen und -bezieher Menschen im Erwerbs­alter im weitesten Sinne sorgen müssen: finanziell durch Beiträge in den Renten- und Kranken­versicherungen, aber auch durch medizinische Versorgung, Pflegeleistungen oder unterstützende Dienstleistungen im Haushalt. Wenn die Zahl der Seniorinnen und Senioren zunimmt, während die Zahl der Erwerbsfähigen sinkt, nimmt der Altenquotient zu. Ohne adäquate Maßnahmen kann dadurch die Versorgung schwieriger werden. Hierbei sind Regionen von den Herausforderungen der demografischen Alterung unterschiedlich stark betroffen.

Entwicklung seit 1950

Im Jahr 1950 standen 16Personen im Rentenalter 100Personen im Erwerbsalter gegenüber. Der Altenquotient von 16 war somit weniger als halb so hoch als im Jahr 2022. Bis Ende der 1970er Jahre ist der Altenquotient durchgängig bis auf 27 im Jahr 1979 gestiegen. Ursächlich dafür waren die gestiegene Lebenserwartung einerseits und die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs auf die Altersstruktur der Bevölkerung andererseits. Dadurch nahm die Zahl der älteren Menschen schneller zu als die der Menschen im Alter von 20 bis unter 65 Jahren: Zwischen 1950 und 1979 stieg die Zahl der Ab-65-Jährigen um 5,5Millionen, während die Zahl der 20- bis unter 65-Jährigen lediglich um 3,1Millionen zunahm. In den folgenden Jahren bis 1991 sank dagegen der Altenquotient auf 24 und stabilisierte sich anschließend auf diesem Niveau. In diesen Jahren erreichten die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit ("Babyboomer") das erwerbsfähige Alter. Zeitgleich kamen die nach Beginn des ersten Weltkriegs geborenen schwachen Jahrgänge ins Rentenalter.

Seit 1991 ist wiederum ein fast durch­gängiger Anstieg des Altenquotienten zu beobachten, bedingt durch das Nachrücken geburten­schwacher Jahrgänge. Besonders stark wuchs der Altenquotient Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre: Innerhalb von acht Jahren zwischen 1998 und 2006 stieg er von25auf33.

Regionale Unterschiede

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Der demografische Wandel wirkt sich regional unterschiedlich stark aus: Anfang der 2000er Jahre lag der Altenquotient in ost- und westdeutschen Flächenländern noch nahezu gleichauf. Seitdem schreitet die Alterung in ostdeutschen Flächenländern schneller voran: Der Altenquotient in westdeutschen Flächenländern ist von 33 im Jahr 2006 nur geringfügig auf 36 im Jahr 2022 gestiegen. Im gleichen Zeitraum hat sich der Wert in ostdeutschen Flächenländern von 36 auf 48 erhöht. Hintergrund dieser unterschiedlichen Entwicklungen sind zum einen der Geburten­rückgang im Osten nach der Wiedervereinigung und zum anderen die Zuwanderung nach Westdeutschland aus den neuen Bundesländern und aus dem Ausland, die die Alterungs­prozesse im Westen verlangsamen.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Altenquotient am niedrigsten in den Stadtstaaten. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in urbanen Gebieten aufgrund der Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen, Universitäten und Schulen viele junge Erwachsene, Erwerbstätige und Familien leben. Im Jahr 2022 hatten die Stadtstaaten insgesamt einen Altenquotienten von 30. Im Vergleich der Bundesländer wiesen Hamburg (28) und Berlin (30) im Jahr 2022 die niedrigsten Werte auf, gefolgt von Bayern, Baden-Württemberg, Bremen und Hessen mit jeweils 35. Anteilmäßig lebten in 2022 die meisten älteren Menschen pro 100 Personen im erwerbsfähigen Alter in Sachsen-Anhalt (50), gefolgt von den weiteren ostdeutschen Ländern Thüringen (49), Sachsen (48), Mecklenburg-Vorpommern (47) und Brandenburg (45).

Methodische Hinweise

Der Berechnung des Altenquotienten basiert auf Angaben der Bevölkerungs­fortschreibung zu Bevölkerungs­beständen nach Geburts­jahren. Die Abgren­zungen der Bevölkerung im erwerbs­fähigen Alter sowie der Bevölke­rung im Renten­alter richten sich somit nach dem Geburtsjahr. Tatsächliche Erwerbs­tätigkeit oder Beziehung von Rente werden nicht berück­sichtigt. Für die Berech­nung des Alten­quotienten sind auch alter­native Alters­abgren­zungen möglich. Andere übliche Abgren­zungen sind beispiels­weise 60oder67Jahre für den Beginn des Rentenalters.

Weiterführende Informationen
  • Themenbereich Bevölkerung

Migration in Zeiten des demografischen Wandels

Die Alterung der Gesellschaft als Folge der demografischen Entwicklung stellt Staat und Gesellschaft vor zunehmende Herausforderungen. Gleiches gilt für die Integration von Zuwandernden aus dem Ausland, wobei aufgrund des zunehmenden Arbeitskräftemangels mit der Zuwanderung auch große Chancen für den dauerhaften Erhalt des Wohlstands in Deutschland verknüpft werden.


Seit der deutschen Vereinigung waren bis zum 31.12.2022 per Saldo 10,7 Millionen Menschen nach Deutschland zugewandert. Davon hatten 700 000 Personen die deutsche und 10 Millionen eine ausländische Staatsangehörigkeit. Da die zuwandernden Personen im Durchschnitt jünger als die einheimische Bevölkerung sind, wirkt die Nettozuwanderung zwar der Alterung entgegen, konnte diese jedoch nicht umkehren.


Insbesondere die Zuwanderung von jungen Menschen unter 18 Jahren trug im Jahr 2022 positiv zur Verjüngung der Altersstruktur bei. Rund 23% der im Jahr 2022 aus dem Ausland Zugezogenen waren unter 18 Jahren; bei der deutschen Wohnbevölkerung lag der entsprechende Anteil 2022 bei 16,9%. Von den Gesamtzuzügen gehörten 30% zu den 18- bis unter 30-Jährigen, wohingegen 13,2% der deutschen Wohnbevölkerung 2022 zu dieser Altersgruppe zählten.


Der Anstieg der Zuzüge 2022 war vor allem auf die Zuwanderung von Schutzsuchenden aus der Ukraine infolge des russischen Angriffskriegs zurückzuführen. Im Jahr 2022 wurden allein aus der Ukraine rund 1,1 Millionen Zuzüge erfasst. Unter den Geflüchteten aus der Ukraine gab es vergleichsweise viele Minderjährige und Frauen, was auch darauf zurückzuführen ist, dass für ukrainische Männer Ausreisebeschränkungen aus ihrem Land galten. Etwa 34% der Zugezogenen aus der Ukraine im Jahr 2022 waren unter 18 Jahre alt; bei den 18- bis unter 60-Jährigen lag der Anteil bei rund 55%. Zuzüge von Personen ab 60 Jahren machten lediglich einen Anteil von etwa 11% an den Gesamtzuzügen aus.


Als Folge der Migration leben in Deutschland viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten. Im Jahr 2022 hatten 12,3 Millionen Menschen oder 15% der Bevölkerung eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die meisten Ausländerinnen und Ausländer hatten eine europäische (69%) oder asiatische (21%) Staatsangehörigkeit. Die größten Anteile bildeten türkische (12%), ukrainische (10%), syrische (8%), rumänische (8 %) und polnische (7%) Staatsangehörige.


In Deutschland hatten 23,8 Millionen Menschen 2022 einen Migrationshintergrund. Das entspricht einem Anteil von 28,7%. Die Mehrheit von ihnen (51%) waren deutsche Staatsangehörige, 49% waren Ausländerinnen und Ausländer. Betrachtet man die Menschen mit Migrationshintergrund nach ihrer Wanderungserfahrung, waren fast zwei Drittel (64%) von ihnen selbst nach Deutschland zugewandert, 36% wurden in Deutschland geboren.


Auch hier ist Europa die wichtigste Herkunftsregion der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Knapp zwei Drittel von ihnen (62% beziehungsweise 14,7Millionen) hatten Bezugspunkte zu anderen europäischen Staaten dahingehend, dass sie selbst oder mindestens ein Elternteil dort geboren wurde. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund aus anderen Erdteilen ist in den letzten Jahren jedoch gestiegen. In 2022 hatten 3,9Millionen Menschen in Deutschland ihre Wurzeln im Nahen und Mittleren Osten, dies entspricht etwa 16% aller Menschen mit Migrationshintergrund. Rund 1,2 Millionen Menschen wurden in Afrika geboren oder haben mindestens ein Elternteil, das dort geboren wurde.


Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund war mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren im Schnitt gut elf Jahre jünger als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (47Jahre). Besonders deutlich wird dies, wenn man sich die Anteile der Bevölkerung mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung in einzelnen Alterskohorten anschaut. So hatten 40% aller Personen bis zu einem Alter von zehn Jahren einen Migrationshintergrund, wohingegen der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in der Altersgruppe ab 65 Jahren bei 14 % lag.

Demografischer Wandel (7)

Weiterführende Informationen
  • Themenbereich Migration und Integration
  • Karte: Migration.Integration.Regionen

Wanderungsbewegungen in Ost- und Westdeutschland

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In Ost- und West­deutschland verläuft die demo­grafische Entwick­lung unterschiedlich. Die Gründe hierfür sind komplex; großen Einfluss haben jedoch die Wanderungs­muster in den jeweiligen Bundesländern. In Ost­deutschland sind sie mit­verant­wortlich für den Rückgang und die schnellere Alterung der Bevölkerung. In West­deutschland wirken sie der Alterung der Bevölkerung eher entgegen und tragen außerdem zu einem höheren Anteil an Menschen mit Migrations­hinter­grund bei. Zurück­zuführen ist dies sowohl auf die bis in die 2010er Jahre stattfindende Ost-West­wanderung innerhalb Deutschlands als auch auf unter­schiedliche Effekte bei der Außen-wanderung (über die Grenzen Deutschlands) in Ost und West.

Ostdeutschland: Positiver Binnenwanderungssaldo seit 2017

Das Wanderungs­geschehen in Ost­deutschland (hier ohne Berlin) war lange durch die Abwanderung in die alten Bundes­länder geprägt.

Seit der deutschen Vereinigung 1990 bis 2016 waren die Fortzüge nach West-deutschland in allen Jahren höher als die Zuzüge. Die durch die Abwanderung gen Westen und den Geburten­rückgang ent­stehenden Bevölkerungs­verluste im Osten konnten nur in wenigen Jahren durch Zuzüge aus dem Ausland ausgeglichen werden, so dass die Bevölkerung in Ost­deutschland insgesamt zurückgegangen ist. Einen besonderen Einfluss hatte die verstärkte Abwanderung junger Erwachsener mit dem Effekt einer schnelleren Alterung der ostdeutschen Bevölkerung. Es sind zudem mehr junge Frauen als junge Männer abgewandert, was in der Vergangen­heit zusätzlich zu einem Rückgang der Frauen im gebär­fähigen Alter führte.

Seit 2017 ist der Binnen­wanderungs­saldo – also die Differenz zwischen Zu- und Fortzügen - für Ost­deutschland dagegen positiv. Allerdings lässt sich in Ostdeutschland seit 2016 ein Wanderungs­verlust bei den 18- bis unter 25-Jährigen beobachten, der vor allem auf die Abwanderung zum Zwecke der universitären und beruflichen Ausbildung zurück­zuführen sein dürfte.

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In dieser Grafik können Sie die Linien für die verschiedenen Altersgruppen per Mausklick ein- oder ausblenden. Beim Halten des Mauszeigers über den Linien werden die jeweiligen Werte angezeigt.

Einwohnerzahl West­deutschlands steigt durch Wanderungen

Westdeutschland hat in der Vergangenheit von der Ab­wanderung von Ost nach West profitiert, auch bedingt durch die Alters­struktur der Zugewanderten.

Einen größeren Einfluss als die Binnenwanderung hat jedoch die Außen­wanderung auf die Bevölkerungszahl. Die Zuwanderung aus dem Ausland war bereits vor der deutschen Vereinigung in den alten Bundesländern deutlich höher als im Osten. Diese Bevölkerungszuzüge bewirken einen stetigen Anstieg der Einwohner­zahl in West­deutschland trotz niedriger Geburten­zahlen. Aber auch die Struktur der Bevölkerung verändert sich hierdurch. Dadurch dass Zuwanderer im Durch­schnitt jünger sind als die ein­heimische Bevölkerung, verlangsamt die Zuwanderung die Alterung der Bevölkerung. Auch der Anteil der Menschen mit Migrations­hintergrund ist dadurch in West­deutschland deutlich höher als in Ost­deutschland.

Weiterführende Informationen:
  • Themenbereich Wanderungen
  • Broschüre Hochschulen auf einen Blick zur Wanderung von Studierenden
  • Grafischer Überblick zur Altersstruktur nach Bundesländern

Einfluss demografischer Prozesse auf die Bevölkerungsstruktur

Die demo­grafischen Prozesse – Fertilität, Mor­talität und Migration – wirken sich über die Zahl der geborenen Kinder, der Sterbe­fälle sowie die Zahl der per Saldo zugewanderten oder ausgewanderten Menschen auf die Bevölkerungs­struktur aus. Die Grafik zeigt, wie sich die Jahrgänge zwischen dem Zeitpunkt der Geburt und dem Stand im Jahr 2021 unter dem Einfluss der Sterblichkeit und der Wanderungen verändert haben.

Demografischer Wandel (9)

Die einzelnen Geburts­jahrgänge von 1922 bis 2021 sind hier einer­seits im Jahr ihrer Geburt und anderer­seits im Jahr 2021 abgebildet: Die Jahrgangs­größe für Frauen (rechts) und für Männer (links) im Jahr der Geburt wird jeweils mit Balken dargestellt. Die Linien­konturen zeigen die je­weiligen Jahr­gänge im Jahr 2021.

Auf und Ab bei Geburten­zahlen verursacht demografische Wellen

Die Geborenen­zahl hat sich während der letzten hundert Jahre halbiert. Der langfristige Geburten­rückgang verlief aber nicht kontinuier­lich und wurde mehrfach unter­brochen. Neben den tiefen Kerben, die gegen Ende des zweiten Weltkriegs ent­standen sind (in den Jahren 1945 und 1946), gehörten auch Phasen mit einem Geburten­anstieg dazu.
Der erste Anstieg erfolgte nach 1933 infolge der Familien­politik der National­sozialisten. Die zwischen 1934 und 1941 geborenen Menschen stellen derzeit eine relativ große Senioren­generation und profitieren dabei von der gestiegenen Lebens­erwartung.

Der zweite Geburten­anstieg hat nach dem zweiten Weltkrieg begonnen und mündete Mitte der 1960er Jahre im sogenannten Baby­boom. Die besonders hohen Geburten­zahlen zwischen 1955 und 1969 mit jährlich über eine Million Neugeborenen führten zum Entstehen einer vergleichs­weise großen Generation, die man als Babyboomer bezeichnet. Anschließend sind die Geburten­zahlen deutlich gesunken, sodass nach dem Baby­boom der 1960er-Jahre der sogenannte Baby­bust der 1970er-Jahre folgte.

Durch solche Geburten­schwankungen entstehen demografische "Wellen", die zu problematischen Dispari­täten im Alters­aufbau führen können. Der Baby­boom sorgte lange Zeit für ein großes Erwerbs­personen­potenzial. Wenn aber die Baby­boomer in den nächsten Jahr­zehnten nach und nach ins Renten­alter kommen und nach ihnen die deutlich schwächer besetzten Jahrgänge der 1990er- und 2000er Jahre ins Erwerbs­alter folgen, werden die umlage­finanzierten sozialen Sicherungs­systeme viel stärker als bisher belastet.

Einfluss von Nettozuwanderung und Sterblichkeit

Die mittleren Jahrgänge waren im Jahr 2021 stärker besetzt als im Jahr ihrer Geburt. Dies ist durch Migration zu erklären: Als diese Jahrgänge im Alter zwischen 17 Jahren und Mitte 50 waren, kamen mehr gleich­altrige Menschen aus dem Ausland dazu, als fortgezogen waren. Da die Zahl der Sterbe­fälle in dieser Alters­spanne relativ gering ist, gewannen die ent­sprechenden Jahr­gänge per Saldo an Personen. Trotzdem konnte der Wanderungs­über­schuss die aufgrund von Geburten­schwankungen entstandenen Disparitäten zwischen den Alters­gruppen nicht ausgleichen. Der aktuelle Alters­aufbau wird die Bevölkerungs­entwicklung der nächsten drei Jahr­zehnte prägen.

Bei den Geburts­jahrgängen 1941 und früher ist der Einfluss der mit dem Alter steigenden Sterblich­keit in der Grafik gut zu erkennen. Ihre Jahrgangs­stärke nahm im Vergleich zum Zeitpunkt der Geburt deutlich ab.

Weiterführende Informationen:
  • Animierte Bevölkerungspyramide
  • Zeitreihen zu Bevölkerungsstand und Altersstruktur der Bevölkerung
  • Themenbereich Geburten
  • Themenbereich Sterbefälle
  • Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung

Zukünftige Bevölkerungsentwicklung

Wie sich die Größe und der Altersaufbau der Bevölkerung in der Zukunft verändern können, zeigen die langfristigen Bevölkerungsvorausberechnungen. Ausgehend von den gegenwärtigen Verhältnissen und den getroffenen Annahmen zur Entwicklung der Geburtenhäufigkeit, der Lebenserwartung und des Saldos der Wanderungen aus und nach Deutschland markieren diese eine Spannbreite der möglichen zukünftigen Entwicklungen. Die aktuelle 15. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland und die Bundesländer umfasst die Zeitspanne von 2022 bis 2070.

Die Bevölkerungszahl wird nach den Ergebnissen der aktuellen Vorausberechnung im Jahr 2022 aufgrund der starken Zuwanderung aus der Ukraine von 83 Millionen im Jahr 2021 auf voraussichtlich gut 84 Millionen steigen. Ab 2023 hängt ihre Entwicklung von den Annahmen zu Nettozuwanderung, Geburtenhäufigkeit und Lebenserwartung ab. Bei einer moderaten Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und der Lebenserwartung sowie einer moderaten Nettozuwanderung von durchschnittlich 290000 Personen pro Jahr würde die Bevölkerung bis 2031 auf 85 Millionen Menschen anwachsen und dann bis 2070 auf 83 Millionen zurückgehen. Bei einer niedrigen Nettozuwanderung von 180000 Personen pro Jahr würde die Bevölkerungszahl auf 75 Millionen Menschen im Jahr 2070 sinken. Bei einem dauerhaft hohen Wanderungssaldo von durchschnittlich 400000 würde die Bevölkerungszahl auf 90 Millionen anwachsen.

Durch den aktuellen Altersaufbau sind künftig ein Anstieg der Seniorenzahl und ein Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter vorgezeichnet. Bis Mitte der 2030er Jahre wird in Deutschland die Zahl der Menschen im Rentenalter (ab 67 Jahren) von derzeit 16,4 Millionen auf mindestens 20,0 Millionen steigen. Die Zahl der ab 80-Jährigen wird dagegen noch bis Mitte der 2030er Jahre relativ stabil bleiben und zwischen 5,8 und 6,7 Millionen betragen. Danach wird die Zahl der Hochaltrigen und damit voraussichtlich auch der Pflegebedarf in Deutschland massiv zunehmen.

Demografischer Wandel (11)

Die Zahl der Menschen im Erwerbsalter von 20 bis 66 Jahren wird in den kommenden Jahren abnehmen. Aktuell gehören in Deutschland 51,4 Millionen Menschen dieser Altersgruppe an. Selbst bei hoher Nettozuwanderung würde es bis Mitte der 2030er Jahre zu einer leichten Abnahme um 1,6 Millionen Personen kommen. Bei niedriger Nettozuwanderung könnte die Zahl um 4,8 Millionen Personen sinken.

Der aktuell unterschiedliche Altersaufbau in den Bundesländern wird die künftige regionale Entwicklung prägen. In den westlichen Flächenländern wird die Bevölkerungszahl voraussichtlich stagnieren, in den ostdeutschen Flächenländern wird sie weiter zurückgehen und in den Stadtstaaten wachsen.

Die größte Herausforderung für die westdeutschen Flächenländer und die Stadtstaaten wird der Anstieg der Zahl der 67-Jährigen und Älteren darstellen. Für die ostdeutschen Flächenländer wird es vor allem das schrumpfende Erwerbspersonenpotenzial sein.

Weiterführende Informationen:
  • Animierte Bevölkerungspyramide
  • Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
  • (Un-)Sicherheiten der Bevölkerungsvorausberechnungen (WISTA 4/2016)

Bevölkerungsentwicklung in Ost- und Westdeutschland zwischen 1990 und 2022: Angleichung oder Verfestigung der Unterschiede?

Die Deutsche Vereinigung am 3. Oktober 1990 löste vor allem in Ost­deutschland starke demografische Veränderungen aus. Rück­läufige Geburtenzahlen, Abwanderung überwiegend junger Menschen in die westlichen Bundes­länder, sowie steigende Lebens­erwartung beschleunigten die demografische Alterung der ost­deutschen Bevölkerung. In West­deutschland haben dagegen die stärkere Zu­wanderung aus dem Ausland sowie die Zuzüge aus den neuen Bundes­ländern die Alterung verlangsamt. Trotz deutlicher Annäherung sind auch nach mehr als 30 Jahren deutscher Vereinigung typische demografische west­deutsche beziehungsweise ostdeutsche Entwicklungs­muster erkennbar.

Demografischer Wandel (13)

Steigende Bevölkerungszahl im Westen und Bevölkerungsrückgang im Osten Deutschlands

Zum Zeitpunkt der deutschen Einheit im Jahr 1990 lebten in West­deutschland (hier: früheres Bundesgebiet ohne Berlin-West) rund 62 Millionen Menschen. Es waren viermal so viele wie in den ost­deutschen Bundesländern (ohne Berlin) mit ihren damals circa 15 Millionen Ein­wohnenden. Während die Bevölkerung im Westen Deutschlands zwischen 1990 und 2022 um 10 % auf 68 Millionen gewachsen ist, nahm sie im gleichen Zeitraum im Osten um 15 % auf 12,6 Millionen ab. Damit lebten 2022 in West­deutschland mehr als fünfmal so viele Menschen wie in den ost­deutschen Bundesländern. Diese unterschiedlichen Entwicklungen resultieren aus Veränderungen der Bevölkerung durch Wanderungs­bewegungen, Geburten und Sterbefälle.

Nach Westdeutschland wandern mehr Menschen aus dem Ausland zu als nach Ostdeutschland

Die Bundes­republik ist zwischen 1991 und 2022 durch den positiven Wanderungs­saldo, also die Differenz zwischen Zuzügen nach und Fortzügen aus Deutschland, um etwa 10,7 Millionen Menschen gewachsen. Lässt man Berlin außer Acht, betrug die Netto-zuwanderung aus dem Ausland in diesem Zeit­raum im Osten rund 1,2 Millionen Personen. Im Westen war der Wanderungs­gewinn mit knapp 8,9 Millionen Personen etwa siebenmal so groß.

Auch im Jahr 2022 war die Nettozuwanderung im Westen mit 1 145 000 Personen höher als im Osten mit 221 000 Personen. Der Westen hatte mit 2 163 000 Zuzügen stärker von der Außenwanderung profitiert . Im Osten lagen die Zuzüge bei 337 000 Personen.

Die anfangs starke Abwanderung von Ost nach West kehrte sich um

Im Zeit­raum von 1991 bis 2022 wanderten rund 1,2 Millionen Menschen mehr von Ost nach West als umgekehrt. Etwa die Hälfte dieser starken Ab­wanderung geht auf die ersten zehn Jahren seit der Wieder­vereinigung zurück: Bis zum Jahr 2000 verließen im Saldo etwa 611 000 Personen den Osten in Richtung West­deutschland. In den folgenden zehn Jahren bis 2010 wanderten im Saldo noch rund 553 000 Menschen von Ost nach West. In den 2010er Jahren verlangsamte sich diese Entwicklung deutlich mit einem Abwanderungs­saldo von Ost gegenüber West von insgesamt rund 52 000 Personen zwischen 2011 und 2022. Seit 2017 wandern erstmals in der Geschichte der Bundes­republik jährlich etwas mehr Menschen von den west­deutschen Bundes­ländern in den Osten als von Ost nach West.

Der Abwanderungs­verlust für den Osten ist insbesondere auf die Abwanderung von Personen im jüngeren und mittleren Lebens­alter zurück­zuführen: Im Saldo verlor der Osten seit der Wieder­vereinigung insgesamt mehr als 731 000 Person in der Alters­gruppe bis 25 Jahre an den Westen, zwischen 25 bis 65 Jahren rund 491 000 Personen. Wanderungen von Seniorinnen und Senioren machen nur einen geringen Anteil an den Ost-West-Wanderungen aus (rund 6 000 Personen).

Im Westen und im Osten ist die Zahl der Sterbefälle höher als die Zahl der Geborenen

In beiden Teilen Deutschlands starben zwischen 1990 und 2022 jeweils gut 2 Millionen mehr Menschen als - Kinder geboren wurden. Dies entsprach einem durch­schnittlichen jährlichen Bevölkerungs­rückgang von 1 Menschen pro 1 000 Personen in West­deutschland und von 4 Menschen pro 1 000 Personen in Ost­deutschland. In Deutschland insgesamt betrug das kumulierte Geburten­defizit 4,6 Millionen Personen.

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Die bevölkerungsrelevanten Veränderungen sind hier nicht vollständig abgebildet, da insbesondere die Wanderungen von und nach Berlin nicht enthalten sind.

Alterung schreitet im Osten schneller voran

Im gesamten Land ist die Bevölkerung älter geworden: Zwischen 1990 und 2022 ist der Anteil der unter 20-Jährigen von rund 22 % auf 19 % gesunken, während der Anteil der Senioren (65 Jahre und älter) von 15 % auf 22 % gestiegen ist. Allerdings schreitet diese Entwicklung im Osten schneller voran. 1990 war die Bevölkerung im Osten jünger als im Westen: Der Anteil der unter 20-Jährigen betrug 25 % im Osten und 21 % im Westen (jeweils ohne Berlin), während die ab 65-Jährigen im Osten 14 % und im Westen 15 % der Bevölkerung stellten. Im Zeitverlauf hat sich dieses Verhältnis umgekehrt: 2022 war im Osten der Anteil der unter 20-Jährigen mit 18 % geringer als im Westen mit 19 %. Zugleich war im Osten der Anteil der ab 65-Jährigen mit 27 % höher als im Westen (21 %).

Anteil der ausländischen Bevölkerung ist im Osten deutlich niedriger als im Westen

Während Ende 1990 im Westen 5 Millionen Ausländerinnen und Ausländer lebten (8 % der Bevölkerung), lag die Ausländerzahl im Osten bei 112 000 (1 %). Die ausländische Bevölkerung ist seit der deutschen Vereinigung überall gestiegen, Unterschiede bleiben jedoch bestehen: So stellt die ausländische Bevölkerung Ende 2022 im Westen 16 % (10,6 Millionen Menschen) und im Osten 7 % (908 000 Menschen) der Bevölkerung dar. Die unterschiedlichen Migrationsverläufe im Osten und im Westen sind auch in der Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung sichtbar: Der Anteil der Staats­angehörigen aus Gastarbeiter­ländern (einschließlich aktueller EU-Mitglieder) an der ausländischen Bevölkerung liegt Ende 2022 im Westen mit 34 % deutlich höher als im Osten (10 %). Auch der Anteil der EU-Bürgerinnen und -Bürger ist im Westen höher als im Osten (39 % bzw. 29 %), wobei dieser Unterschied vor allem auf die ehemaligen Gastarbeiterländer Spanien, Italien, Griechenland und Kroatien zurückzuführen ist. Dagegen sind im Osten Staats­angehörig­keiten aus Asien (32 %), vor allem aus Fluchtländern (Syrien, Afghanistan) häufiger als im Westen (20 %). Die unterschiedlichen Migrations­geschichten spiegeln sich auch in der Aufenthalts­dauer wider: Während 19 % der im Westen lebenden Ausländerinnen und Ausländern bereits 30 Jahre und länger in Deutschland waren, sind es im Osten lediglich 3 %.

Berlin liegt zwar im Osten Deutschlands, weist aber eine besondere Bevölkerungsstruktur und -entwicklung auf

Nach dem Auf und Ab der 1990er Jahre verzeichnete Berlin seit 2005 eine kontinuierliche Bevölkerungs­zunahme. Ende 2022 war seine Bevölkerung mit 3,7 Millionen um rund 7 % größer als 1990 (3,4 Millionen Personen). Zu dieser Bevölkerungszunahme haben haupt­sächlich Zugewinne aus den Wanderungen über die Grenzen Deutschlands (+669 000 Personen) sowie aus den westlichen Bundes­ländern (insgesamt +171 000) beigetragen. Zugleich verlor Berlin 265 000 Menschen durch Abwanderung in die neuen Bundes­länder (insbesondere nach Brandenburg) sowie 75 000 Menschen durch den Überschuss an Sterbe­fällen gegenüber den Geburten. In Bezug auf die Migrations­geschichte weist Berlin mehr Ähnlich­keiten mit West­deutschland als mit dem Osten Deutschlands auf.

Trotz Annäherung im Geburtenverhalten sind im Osten öfter und jüngere Mütter anzutreffen als im Westen

Im vereinigten Deutschland wurden zwischen 1990 und 2022 insgesamt 24,7 Millionen Kinder geboren. Die meisten von ihnen kamen in Westdeutschland zur Welt. Lediglich 3,3 Millionen oder 13 % Babys stammen aus den ostdeutschen Bundesländern. Anfang der 1990er Jahren, während des gravierenden Geburtenrückgangs, wurde im Osten nur jedes zehnte Kind geboren. Erst seit Mitte der 2000er Jahre hat sich die Geburtenrate in Ost und Westdeutschland angeglichen.

Zum Zeitpunkt der deutschen Vereinigung waren Mütter bei der Geburt des ersten Kindes im Osten mit durchschnittlich 23 Jahren deutlich jünger als im Westen (etwa 27 Jahre). Im Jahr 2022 hat sich diese Differenz auf ein Jahr reduziert: 30 Jahre im Westen gegenüber 29 Jahre im Osten.

In der Verbreitung der Kinderlosigkeit bestehen jedoch nach wie vor deutliche Unter­schiede. Der Anteil der Frauen ohne eigene Kinder an allen 45- bis 49-Jährigen war 2022 in West­deutschland mit 20 % immer noch deutlich höher als in Ost­deutschland (14 %), obwohl seit der Vereinigung die Kinder­losigkeit im Osten schneller als im Westen anstieg.

Die Geburten von nicht verheirateten Eltern sind heute zwar in Ost und West stärker verbreitet als 1990, die Unterschiede sind aber nach wie vor deutlich ausgeprägt. Die nicht­ehelichen Geburten waren 2022 im Osten mit 55 % fast doppelt so oft anzutreffen als im Westen (30 %). 1990 betrug ihr Anteil an allen Geburten jeweils 35 % und 10 %.

Die Lebenserwartung der Ostdeutschen hat sich schnell an das westdeutsche Niveau angenähert

Betrachtet man die Entwicklung der Lebenserwartung bei Geburt zwischen 1991/1993 und 2020/2022 in Ostdeutschland und in Westdeutschland als jeweilige Einheit, so wird eine rasche Angleichung der Lebens­erwartung in beiden Landes­teilen deutlich. In den Jahren 1991/1993 war noch eine Differenz von 3,2 Jahren bei Männern und von 2,3 Jahren bei Frauen zugunsten Westdeutschlands festzustellen. Innerhalb von sieben Jahren bis zur Sterbetafel 1998/2000 hat sich die Differenz für Männer auf 1,6 Jahre halbiert und für Frauen auf 0,6 Jahre sogar noch stärker reduziert. Bis Ende der 2000er-Jahre ist die Differenz in der Lebenserwartung für Männer weiter zurück­gegangen. Danach hat sie sich zunächst auf einem Niveau von 1,3 bis 1,5 Jahren stabilisiert. Bei den Frauen war seit der Sterbetafel 2012/2014 kaum noch eine Differenz zwischen Ost und West feststellbar. Es wird angenommen, dass Verbesserungen in der medizinischen Versorgung und den allgemeinen Lebens­bedingungen im Osten zu dieser raschen Anpassung beigetragen haben. Im Zuge der Corona-Pandemie, von der die ostdeutschen Bundesländer stärker betroffen waren, ist die Differenz in der Lebens­erwartung zwischen Ost und West wieder angewachsen. Bezogen auf den Dreijahreszeitraum 2020/2022 betrug die Differenz in der Lebens­erwartung bei Geburt zugunsten Westdeutschlands 1,8 Jahre bei Männern und 0,2 Jahre bei Frauen.

Etwa seit Ende der 2000er-Jahre ist der Anstieg der Lebens­erwartung nicht mehr so deutlich wie in den vorangegangenen Jahrzehnten. Hierzu haben außergewöhnlich starke Grippewellen sowie ab März 2020 auch die Corona-Pandemie beigetragen. Im Vergleich der Sterbetafeln 2017/2019 und 2020/2022 ist die Lebens­erwartung bei Geburt sogar etwas zurückgegangen. Hauptgrund hierfür waren die außergewöhnlich hohen Sterbefall­zahlen in den Wellen der Pandemie – in Ostdeutschland war dieser Effekt deutlicher als in West­deutschland.

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Zahl der Eheschließungen sank seit 1990 im Westen wie im Osten Deutschlands deutlich

In den ostdeutschen Bundesländern gab es 1991 nur noch halb so viele standes­amtliche Trauungen wie 1990. Im Westen Deutschlands dagegen verringerte sich die Zahl der Ehe-schließungen zunächst nur leicht und war dann Mitte der 2000er Jahre um ein Viertel niedriger als 1990. 2022 gab es im Osten fast die Hälfte und im Westen fast ein Viertel weniger Eheschließungen als 1990.

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland etwa 391 000 standesamtliche Eheschließungen registriert. Das waren etwa 33 000 oder 9 % mehr als 2021. Zuvor war die Zahl der Ehe­schließungen während der Pandemiejahre 2020 und 2021 deutlich zurück­gegangen. Die Zunahme der Eheschließungen war im Vergleich zum Vorjahr im Osten mit 9 % und Westen mit 10 % ähnlich hoch wie in Deutschland insgesamt. Besonders deutlich war der Anstieg im Februar 2022 mit 85 % mehr Ehe­schließungen als im Vorjahres­monat. Die Anzahl der Ehe­schließungen übertraf somit mit 22 530 auch den Wert vom Februar 2020 (21 500) kurz vor Beginn der Corona-Pandemie. Dazu haben offenkundig die besonderen Hochzeits­daten 02.02.2022 und 22.02.2022 beigetragen. Im April 2022 haben 25 % mehr Paare geheiratet als im Vorjahres­monat.

Der Anteil der Paare, die gemeinsame Kinder mit in die Ehe bringen, ist auch 30 Jahre nach der Vereinigung immer noch sehr unterschiedlich. Im Westen hatten etwa 5 % der Paare bei der Heirat gemeinsame voreheliche Kinder, im Ostern dagegen über 25 %. Dieser Anteil stieg in beiden Teilen Deutschlands an. 2022 brachten im Westen fast 19 % und im Osten nahezu 38 % der Eltern gemeinsame Kinder mit in die Ehe. Der im Osten doppelt so hohe Anteil entspricht dem dort auch fast doppelt so hohen Anteil an außerhalb einer Ehe geborenen Kindern wie im Westen.

Ehescheidungen: Im Westen wie im Osten haben etwa die Hälfte der geschiedenen Paare minderjährige Kinder

Im Osten Deutschlands brachen die Scheidungs­zahlen nach der deutschen Vereinigung regelrecht ein. Dazu trug neben allen anderen Veränderungen auch bei, dass zum 3. Oktober 1990 das bis dahin westdeutsche Scheidungs­recht eingeführt wurde, das in der Regel eine Scheidung erst nach einer Trennung von einem Jahr vorsieht. Bereits nach einigen Jahren nahmen die Ehescheidungen im Osten wieder zu und erreichten zwischen 2000 und 2005 nochmals das Niveau von 1990. Im Westen Deutschlands dagegen hatten die Ehescheidungen nach 1990 zu­genommen und Anfang der 2000er Jahre ihr Maximum erreicht. In beiden Landes­teilen ging die Zahl der Ehescheidungen dann wieder zurück. Derzeit werden in den westlichen Bundes­ländern etwa 4 % weniger Ehen geschieden als 1990 und im Osten Deutschlands etwa 40 % weniger.

Sowohl im Westen als auch im Osten haben heute etwa die Hälfte der geschiedenen Paare minderjährige Kinder. Mitte der Neunziger­jahre waren dagegen im Osten bei 70 % der Ehe­scheidungen minderjährige Kinder betroffen.

Methodische Hinweise

Der Beitrag enthält Daten zu Geburten, Wanderungen, Sterbefällen sowie aus der Bevölkerungsfortschreibung und dem Ausländerzentralregister.

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen zur ausländischen Bevölkerung und deren demografischer Struktur aus mehreren Quellen. Mehr Informationen zu den Unterschieden dieser Datenquellen finden Sie hier.

Hintergründe und Auswirkungen

Demografischer Wandel (15)

Familien

Die letzten zwei Jahrzehnte waren durch einen Rückgang der Familien gekennzeichnet. Während es 1996 noch rund 13,2Millionen Familien gab, ist die Zahl im Jahr2019 auf 11,6Millionen Familien gefallen. Dies entspricht einem Rückgang von rund12%. Nach wie vor ist es aber die Regel, dass Menschen in der Mitte des Lebens als Eltern in einer Familie mit Kindern leben.

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Weitere Publikationen zum Thema

Verzeichnis aller Veröffentlichungen

  • Ver­öf­fent­li­chungs­ver­zeich­nis
Demografischer Wandel (2024)

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